• Familie: Coenagrionidae – Schlanklibellen
  • Gattung: Enallagma – Becherjungfern
  • Art: Enallagma cyathigerum (Charpentier, 1840)
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  • DE: Gemeine Becherjungfer, Becher-Azurjungfer
  • FR: Portecoupe holarctique, Agrion porte-coupe
  • IT: Agrion coppiere, Azzurrina portacalice
  • EN: Common Bluet, Common Blue Damselfly

Wissenswertes

Enallagma cyathigerum ist in Europa die einzige Art ihrer Gattung. Auf den ersten Blick ist sie aber kaum von Arten der Gattung Coenagrion zu unterscheiden, da die Männchen ebenfalls schwarz-blau gefärbt sind ("kleine blaue-schwarze Stäbchen"). Von diesen ist Enallagma cyathigerum nach Coenagrion puella die häufigste und weitest verbreite Art in der Schweiz. Die beiden kommen oft im gleichen Lebensraum vor.

Enacya10 M CK01
Enacya11 M AB01
Enacya20 W DK01
Enacya21 W DK02
Enacya30 P VS01
Enacya40 J CK01
Enacya41 J FK01
Enacya50 E VS01
Enacya51 E CK
Enacya60 S BK01

 

Merkmale

Gesamtlänge: 29-36 mm

Kräftig gebaute Kleinlibelle. Thorax-Seiten nur schwach gezeichnet (erscheint einfarbig) und im Gegensatz zu allen Azurjungfern ohne schwarzen Interpleuralstreifen. Die hellen Antehumeralstreifen sind breit (breiter als der schwarze Streifen unterhalb), die Postokularflecken gross. Ansonsten unterscheiden sich die Geschlechter sehr stark.

Männchen

Abdomen schwarz-blau gefärbt wie bei Azurjungfern, Blau aber etwas leuchtender. Bei kalten Temperaturen verblassen die Farben. Mit schwarzer "Weinglas/Becher"-Zeichnung auf S2 (Achtung variabel), S8-S9 komplett blau, blauer Ring zwischen S6 und S7 breit.

Weibchen

Grundfarbe bräunlich, gelblich, grünlich, seltener auch blau mit schwarzer "Torpedo"-Zeichnung auf Abdomen, ventraler Dorn an S8, Pronotum-Hinterrand nur schwach-gewellt.

Jungtiere

Selbe Merkmale wie Männchen/Weibchen, Farben weisslich/lila.

Belegfoto

M: Sicht auf Abdomen-Oberseite (Zeichnung auf S2) oder von der Seite.
W: Sicht auf Abdomen-Oberseite (schräg, mit sichtbaren Thoraxseiten).

 

Verbreitung

Enallagma cyathigerum ist in ganz Europa weit verbreitet und häufig. Einzig gegen Süden weist die Verbreitung lokale Lücken auf.

Auch in der Schweiz ist sie weit verbreitet, insbesondere in der Ebene nördlich der Alpen. In den Zentralalpen ist sie seltener und von der Alpensüdseite gibt es nur wenige Funde. Die meisten Populationen befinden sich in tiefen Lagen (300-700 m), die Art wurde aber bis 2300 m beobachtet.

 
Kartenhintergrund © swisstopo; Verbreitungsdaten © info fauna
Diagramme © info fauna

 

Biologie

Phänologie

Schlupfperiode: Sehr lange Emergenz von Anfang Mai bis Anfang August. Im Gebirge beginnt der Schlupf bis vier Wochen später und dauert  bis in den September.
Flugzeit: Anfang Mai bis Mitte Oktober (Maximum: Anfang Juni bis Ende August).

Lebensraum

Besiedelt mittlere und grössere Stillgewässer mit offenen Wasserflächen, auch strömungsberuhigte Stellen von Flüssen, Kanälen und Gräben, grössere Torfstiche und neu erstellte Gewässer in frühen Sukzessionsstadien. Einzig sehr kleine verlandete Gewässer sind ungeeignet.

Lebensweise Imagines

Die Reifungszeit verbringen frisch geschlüpfte Tiere in Landhabitaten in der näheren Umgebung des Gewässers an gut besonnten, geschützten Plätzen. Diese werden auch als Jagd-, Ruhe- und Paarungshabitat genutzt.

Geschlechtsreife Männchen fliegen oft weit vom Ufer entfernt über der offenen Wasserfläche. Häufig sitzen sie mit fast horizontalem Körper auf emersen Pflanzenstängeln (Coenagrion puella sitzt mit abgewinkeltem Körper) oder halten sich auch in der Ufervegetation auf. Die Paarung findet meist in der Ufervegetation oder in den Landlebensräumen statt.

Die Eiablage beginnt im Tandem. Das Weibchen taucht dabei aber häufig unter und hängt das Männchen ab. Die Eier werden dann alleine unter Wasser in submerse Pflanzen oder Wurzeln abgelegt. Das Weibchen kann bis zu einer Stunde untergetaucht bleiben. Oft warten an der Oberfläche mehrere Männchen auf eine erneute Kopulation.

Der Schlupf findet an emersen senkrecht aus dem Wasser ragenden Pflanzen oder in der Ufervegetation statt.

Lebensweise Larven

Enallagma cyathigerum überwintert im Larvenstadium. Die Entwicklung dauert in Tieflagen 1 Jahr (selten 2 Generationen pro Jahr), in höheren Lagen 2-4 Jahre. Larven leben zuerst im Bereich der Eiablagepflanzen, danach auch in sehr dichter Submersvegetation oder am schlammigen Grund.

 

Gefährdung und Schutz

Enallagma cyathigerum ist in der Schweiz und in Europa nicht gefährdet (LC). Hauptgefährdungsursachen sind Wasserverschmutzung, Fischbesatz und Freizeitbetrieb.

Zurzeit sind keine artspezifischen Schutzmassnahmen nötig. Die oben genannten Gefährdungsursachen können mit einer Verbesserung der Wasserqualität, dem Einrichten von Schutzzonen an freizeitlich und fischereilich genutzten Gewässern, der Förderung von Wasserpflanzen und geregeltem Fischbesatz (keine Graskarpfen) verbessert werden.

  • Rote Liste: LC - Nicht gefährdet
  • Nationale Priorität: Keine
  • NHV: -

 

Ähnliche Arten

Da die Gattungsmerkmale von Enallagma allesamt nicht auffällig sind, gleichen Männchen und blaue Weibchen von Enallagma cyathigerum allen anderen blau-schwarzen Kleinlibellen. Dabei müssen sie von allen Arten der Gattung Coenagrion, im Feld besonders oft von der häufigeren Coenagrion puella, aber auch von Erythromma lindenii und Platycnemis pennipes abgegrenzt werden. Die Weibchen aller Farbvarianten können an der auffälligen Torpedo-Zeichnung leichter von anderen Arten unterschieden werden. Einzig Weibchen von Coenagrion scitulum und Erythromma lindenii zeigen eine ansatzweise ähnliche Zeichnung.

Coenagrion puella – Hufeisen-Azurjungfer
Schlanker und zierlicher, mit gattungstypischem schwarzem Interpleuralstreifen an der Thoraxseite. Antehumeralstreifen hell und schmal (schmaler als schwarzer Streifen unterhalb).
M: Mit schwarzer U-Zeichnung (Hufeisen) auf S2. Blauer Ring zwischen S6 und S7 schmal. Nur S8 ist vollständig blau. Wirkt besonders auf Distanz weniger intensiv blau. Hält sich eher am Rand der Gewässer auf und sitzt eher in spitzem Winkel auf emersen Pflanzenstängeln.
W: Grundfarbe gelbgrün (häufiger) oder blau (selten) mit schwarz. Dunkle Form oberseits komplett schwarz und stets ohne Torpedo-Zeichnung.

Coenagrion scitulum – Gabel-Azurjungfer
W: Ebenfalls grünlich braun oder blau mit Torpedo-Zeichnung, die aber etwas weniger ausgeprägt ist. Mit langem hellem Pterostigma und ohne ventralen Dorn auf S8.

Coenagrion spp. – Azurjungfern
Antehumeralstreifen schmaler, Thoraxseiten mit schwarzen Interpleuralstreifen.
M: Zeichnung auf S2 kein Weinglas, heller Ring zwischen S6 & S7 schmal, wirkt fast durchgehend schwarz.
W: Keine Torpedo-Zeichnung auf Abdomen (ausser Coenagrion scitulum). Kein ventraler Dorn an S8.

Erythromma lindenii – Pokaljungfer
M: S2 mit schwarzer Pokal-Zeichnung, S3-S6 mit Spiess-Zeichnung, Augen leuchtend blau, Postokularflecken zu Schlitzen reduziert oder fehlend.
W: Hinterleib grünlich, in der Mitte blau. Schlanker und ohne klare Torpedo-Zeichnung.

Platycnemis pennipes – Blaue Federlibelle
M: Hellblaue Grundfärbung, Schienen breit und gefiedert.