• Familie: Coenagrionidae – Schlanklibellen
  • Gattung: Coenagrion – Azurjungfern
  • Art: Coenagrion pulchellum (Vander Linden, 1825)
  •  

  • DE: Fledermaus-Azurjungfer
  • FR: Agrion joli
  • IT: Agrion leggiadro, Azzurrina variabile
  • EN: Variable Bluet, Variable Damselfly

Wissenswertes

Lange, schlanke und stets dunkel erscheinende Azurjungfer. In der Schweiz eher selten und nur verstreut verbreitet. In geeignetem Habitat ist sie allenfalls lokal häufig und kann dann als typische Frühlingsart besonders im Mai zahlreicher vorhanden sein als die sonst häufigeren Coenagrion puella (Hufeisen-Azurjungfer) und Enallagma cyathigerum (Gemeine Becherjungfer).

Coepul10 M CK01
Coepul11 M AB01
Coepul20 W CK01
Coepul30 P CK01
Coepul40 J CB
Coepul50 E CK01

 

Merkmale

Gesamtlänge: 34-38 mm

Die Zeichnung ist bei dieser Art sehr variabel. Der gattungstypische Interpleuralstreifen auf den Brustseiten ist jedoch immer vorhanden. Der helle Antehumeralstreifen ist meist unterbrochen. Männchen und Weibchen unterscheiden sich ansonsten stark.

Männchen

Sehr schlanke, dunkle, schwarz-blau gefärbte Azurjungfer mit schwarzer Fledermaus-Zeichnung auf S2 (sieht meist eher aus wie ein fettes Y, fast immer gestielt; Achtung sehr variabel), meist mit hellen Ausrufezeichen auf Thoraxoberseite (z.T. auch ununterbrochene Linien), S3-S5 mit schwarzen Ringen (Schwarzanteil 1/4-1/2 der Segmentlänge) und seitlichen Linien, S7 schwarz mit blauem Vorderrand. Wirkt von weitem relativ gleichmässig schwarz-blau geringelt.

Weibchen

Färbung sehr variabel. Grundfarbe gelbgrün oder blau mit schwarz. Häufigste Form: Hinterleibsoberseite schwarz mit hellen basalen Flecken (S3-S6/S7). Weitere Formen: Hinterleibsoberseite entweder komplett schwarz oder mit Pokalzeichnung auf S2 und hellem S8. Pronotum-Hinterrand immer mit zwei tiefen Einbuchtungen, Zipfel und hellem Fleckenpaar (oft einziges verlässliches Merkmal).

Jungtiere

Selbe Merkmale wie Adulte, Farben blass/weisslich.

Belegfoto

M: Sicht auf Abdomen-Oberseite (inkl. Zeichnung auf S2)
W: Sicht auf Abdomen-Oberseite (Pronotum muss deutlich sichtbar sein)

 

Verbreitung

Die Art ist in ganz Europa weit verbreitet, hat aber ein weniger geschlossenes Verbreitungsareal als Coenagrion puella und kommt im Westen und Süden nur lokal vor. Die nördlichsten Populationen befinden sich in Schottland, in Nordschweden und in Finnland.

Coenagrion pulchellum ist in der Nordschweiz weit, aber eher lückenhaft verbreitet. In den Kantonen Waadt, Genf, Tessin und im Rhonetal kommt sie nur lokal vor. Insgesamt ist sie in mehreren Regionen der Schweiz in den letzten Jahren seltener geworden. Als typische Tieflandart entwickelt sie sich hauptsächlich zwischen 300 und 500 m, nur gelegentlich bis 1000 m. Festgestellt wurde sie bis 1200 m.

 
Kartenhintergrund © swisstopo; Verbreitungsdaten © info fauna
Diagramme © info fauna

 

Biologie

Phänologie

Schlupfperiode: Anfang Mai bis Ende Juni
Flugzeit: Mitte Mai bis Mitte Juli (wenige Individuen fliegen noch bis Anfang September)

Lebensraum

Nährstoffreiche und eher reifere stehende Gewässer sowie strömungsberuhigte Stellen von Flüssen und Kanälen mit reicher Wasservegetation (Weiher, naturnahe Teiche, Altarme, Torfstiche). Meist mit Schwimm- und Tauchblattvegetation, Röhricht und Ufergehölzen. Die Gewässer sind meist nährstoffreicher, tiefer, schattiger und stärker bewachsen als diejenigen von Coenagrion puella. Die Arten kommen trotzdem häufig zusammen vor.

Lebensweise Imagines

Als Reifungs-, Jagd- und Ruhehabitat nutzt Coenagrion pulchellum umliegende Wiesen und Weiden.

Oft warten die Männchen auf Schwimmblattvegetation oder Schilfhalmen auf die Weibchen. Die Paarung wird meist abseits des Gewässers oder am Ufer eingeleitet.

Die Eier werden entweder mit angekoppeltem Männchen oder alleine in pflanzliches Substrat (oft von Schwimmblattvegetation) unter der Wasseroberfläche abgelegt. Häufig findet die Eiablage wie bei Coenagrion puella in Gruppen statt.

Der Schlupf findet in der Ufervegetation oder an emersen Pflanzen statt.

Lebensweise Larven

Coenagrion pulchellum überwintert im Larvenstadium. Die Entwicklung dauert vermutlich ein Jahr. Die Larven leben in submerser Vegetation und können mit Fischen koexistieren.

 

Gefährdung und Schutz

Coenagrion pulchellum ist in Europa nicht gefährdet. Auch in der Schweiz war sie früher häufig. In den letzten 30 Jahren sind die Bestände regional zurückgegangen. Die Gründe dafür sind weitgehend unbekannt. Vermutlich sind Lebensräume verschwunden, andere wurden umgenutzt, isoliert oder bekamen einen veränderten Nährstoffhaushalt. In der Schweiz ist sie deshalb als potenziell gefährdet eingestuft (NT).

Zur Förderung sollen besiedelte Gewässer erhalten und stark verlandete geräumt (Schlamm entfernen) werden. Zudem sollten Pufferzonen eingerichtet werden. Mit einem funktionierenden Netzwerk an geeigneten Gewässern soll die Vernetzung verbessert werden.

  • Rote Liste: NT - Potenziell gefährdet
  • Nationale Priorität: 5 - Regionale Priorität
  • NHV: -

 

Ähnliche Arten

Alle Azurjungfern sehen sich sehr ähnlich. Coenagrion pulchellum stellt auf Grund der variablen Färbung eine besondere Herausforderung dar. Männchen können innerhalb der Gattung vor allem mit Coenagrion scitulum und Coenagrion puella verwechselt werden. Weibchen können häufig einzig durch den Vergleich des Pronotum-Hinterrandes unterschieden werden. Dunkle Weibchen müssen zusätzlich von anderen weiblichen Kleinlibellen abgegrenzt werden.

Coenagrion scitulum – Gabel-Azurjungfer
Gesamthaft meist weniger schwarz und heller blau, helle Antehumeralstreifen immer durchgehend. Pterostigma lang und hell. Bevorzugt warme, flache Pioniergewässer (nicht reife, tiefe und schattige Gewässer) und tritt erst im Juni auf.
M: Schwarze Gabel-Zeichnung auf S2 (manchmal ähnlich wie Fledermaus-Zeichnung von Coenagrion pulchellum). Ohne schwarze Striche an den Seiten der Abdomensegmente.
W: Grundfarbe des Abdomens häufig blau, aber auch grünlich-braun, miit schwarzer Torpedo-Zeichnung.

Coenagrion puella – Hufeisen-Azurjungfer
Helle Antehumeralstreifen immer durchgehend. Im gleichen Lebensraum oft häufiger.
M: Schwarze U-Zeichnung auf S2 (keine Fledermaus), wirkt insgesamt heller.
W: Pronotum-Hinterrand schwach-gewellt.

Enallagma cyathigerum – Gemeine Becherjungfer
Helle Antehumeralstreifen breit und immer durchgehend. Ohne Interpleuralstreifen auf der Brustseite. Im gleichen Lebensraum oft häufiger.
M: S2 mit Weinglas-Zeichnung, Abdomen weniger schwarz und leuchtender blau. Breiter heller Ring zwischen S6 und S7.
W: Torpedoförmige Zeichnung auf Hinterleibssegmenten. Unterseite von S8 mit deutlichem Dornfortsatz.

Coenagrion spp. – Azurjungfern
M: Zeichnung auf S2 keine Fledermaus, Vergleich schwarze Ringe auf Hinterleibssegmenten.
W: Form des Pronotum-Hinterrandes andersförmig (nicht: mit zwei tiefen Einbuchtungen, Zipfel und hellem Fleckenpaar). Weibchen sind fast nur über dieses Merkmal unterscheidbar.

Erythromma lindenii – Pokaljungfer
M: S2 mit schwarzer Pokal-Zeichnung, S3-S6 mit Spiess-Zeichnung, Augen leuchtend blau, Postokularflecken zu Schlitzen reduziert oder fehlend.
W: Hinterleib grünlich, in der Mitte blau.

Platycnemis pennipes – Blaue Federlibelle
M: Hellblaue Grundfärbung, Schienen breit und gefiedert.

Erythromma viridulum und Erythromma najas – Kleines und Grosses Granatauge
W: Postokularflecken fehlend, Augen von oben rot-braun.

Ischnura pumilio – Kleine Pechlibelle
W: Flügelmale hell, rautenförmig und auf Vorderflügeln grösser als auf Hinterflügeln.